Leben mit Beta-Thalassämie

Die Beta-Thalassämie ist eine genetische Erkrankung, die Betroffene von Geburt an begleitet. Ab dem Zeitpunkt der Diagnose werden sie von einem interdisziplinären Team betreut. Im Alltag ist dabei meist der Kinderarzt bzw. die Kinderärztin der Hauptansprechpartner. Je nach individueller Situation der Betroffenen kommen Ärzt*innen aus Fachrichtungen wie Hämatologie, Transfusionsmedizin, Kardiologie, Endokrinologie oder weiteren Fachrichtungen dazu.

Bisher haben meist die Eltern die Verantwortung übernommen, Termine organisiert und wichtige Entscheidungen zur Behandlung getroffen. Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter ändert sich all das: Junge Erwachsene müssen lernen, eigenverantwortlich zu handeln und sich zunehmend selbst um ihre Gesundheit kümmern. Diesen Übergang von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin bezeichnet man auch als Transition.1

Wie kann der Übergang zur Erwachsenenmedizin gelingen?

Ein gut geplanter Übergang in die Erwachsenenmedizin erleichtert Jugendlichen den eigenständigen Umgang mit ihrer Erkrankung und kann helfen, Versorgungslücken zu vermeiden. Eine frühzeitige Vorbereitung, gezielte Unterstützung und ein strukturierter Plan sind dabei entscheidend.

Frühzeitige Vorbereitung (bereits vor dem Wechsel) 

  • Individueller Übergangsplan: Gemeinsam mit dem Ärzteteam wird frühzeitig ein strukturierter Plan erstellt, der Maßnahmen und Zeitpunkte festlegt.
  • Schrittweise Übernahme von Verantwortung: Jugendliche lernen, selbstständig Arzttermine zu organisieren, Medikamente einzunehmen und Behandlungsentscheidungen mitzutragen.
  • Schulungen zur Krankheit: Workshops oder Schulungsprogramme helfen, das eigene Krankheitsverständnis zu vertiefen.
  • Digitale Hilfsmittel nutzen: Apps oder Erinnerungsfunktionen unterstützen bei der regelmäßigen Medikamenteneinnahme.
  • Eltern einbeziehen: Eltern werden darauf vorbereitet, die Verantwortung schrittweise an ihr Kind abzugeben. 

Unmittelbare Maßnahmen kurz vor dem Wechsel 

  • Flexible Wahl des Wechsels: Der Übergang sollte individuell geplant und nicht strikt am 18. Geburtstag festgemacht werden.
  • Übergangssprechstunde: Ein gemeinsamer Termin mit dem bisherigen Kinderarzt und dem zukünftigen Erwachsenenarzt erleichtert den Wechsel.
  • Unterstützung durch einen Übergangskoordinator: Eine feste Ansprechperson begleitet den Wechsel und beantwortet offene Fragen. 

Ziel all dieser Maßnahmen ist es, dass Jugendliche am Ende zu Expert*innen für ihre eigene Gesundheit und Krankheitsgeschichte werden und den Übergang in die Erwachsenenmedizin selbstbewusst und gut vorbereitet meistern.1

 Referenzen 
Referenzen:
  1. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e. V. Gesellschaft für Transitionsmedizin e.V. (GfTM).
  2. Bolton-Maggs P. Arch Dis Child. 2007; 92(9):797–801.
  3. Cario H. Beta (ß) –Thalassämie. 2023, online verfügbar unter: https://www.kinderblutkrankheiten.de/sites/gpoh/kinderkrebsinfo/kinderblutkrankheiten/content/e97222/e96941/e96942/e104986/e106654/ss_Thalassaemie.pdf (Zuletzt aufgerufen März 2025).
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Mehr Sport treiben, sich gesünder ernähren oder mehr lesen - für viele Menschen ist das Setzen von Zielen meist eine Frage der Motivation. Doch wer mit einer chronischen Erkrankung wie Beta-Thalassämie lebt, steht oft vor zusätzlichen Herausforderungen. Unvorhersehbare Symptome oder gesundheitliche Rückschläge können langfristige Pläne erschweren und demotivierend sein. Aber auch häufige mentale Barrieren wie Selbstzweifel, Hoffnungslosigkeit oder Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten können eine Hürde sein. 

Dennoch gilt: Beta-Thalassämie bestimmt zwar einen Teil des Lebens, aber sie muss nicht alles bestimmen! Durch das Setzen realistischer, erreichbarer Ziele lässt sich aktiv Einfluss auf das eigene Wohlbefinden nehmen. Indem bewusst kleine Ziele gesetzt werden, zeigt sich, dass Fortschritte trotz der Erkrankung möglich sind. Dies kann ein Gefühl von Erfolg vermitteln und das Selbstvertrauen stärken. Selbst kleine Erfolge sind ein Zeichen dafür, dass der Alltag aktiv gestaltet werden kann – unabhängig von gesundheitlichen Einschränkungen. Betroffene sollten sich darauf konzentrieren, was sie kontrollieren können, anstatt sich auf nicht beeinflussbare Krankheitsfaktoren zu fokussieren.

Tipps zur nachhaltigen Zielsetzung

Folgende Tipps können dabei helfen, die persönlichen Ziele nachhaltig zu erreichen:

  1. Gesundheitsbezogene Ziele setzen: Bei der Zielsetzung ist es hilfreich, einen Schwerpunkt auf das eigene Wohlbefinden zu legen. Das kann beispielsweise regelmäßige Bewegung an der frischen Luft sein.
  2. Ziele aufschreiben und regelmäßig überprüfen: Das schriftliche Festhalten eines Ziels macht es verbindlicher und greifbarer. Klare, positive Formulierungen erleichtern die Umsetzung. Statt vager Aussagen wie „Ich würde gerne…“ sollte das Ziel konkret lauten, z. B.: „Ab dem 15. Januar fünfmal pro Woche 15 Minuten morgens spazieren gehen.“
  3. Ziele in kleine Schritte unterteilen: Größere Veränderungen lassen sich oft leichter umsetzen, wenn sie in kleine, machbare Schritte aufgeteilt werden. Statt direkt jeden Morgen spazieren zu gehen, kann zunächst einmal wöchentlich begonnen und schrittweise auf jeden zweiten Tag bis hin zu täglich gesteigert werden.
  4. Regelmäßige Reflexion: Ziele sollten nicht starr bleiben, sondern an veränderte Umstände angepasst werden. Es kann hilfreich sein, regelmäßig – beispielsweise wöchentlich oder monatlich – zu überprüfen, ob ein Ziel realistisch war, ob es zu viel auf einmal war oder ob gesundheitliche Rückschläge eine Anpassung erforderlich machen.
  5. Sich selbst nicht unter Druck setzen: Chronische Erkrankungen verlaufen oft unvorhersehbar, wodurch nicht jeder Tag wie geplant abläuft. Es ist wichtig, sich Pausen zu gönnen und sich nicht für Rückschläge zu verurteilen. Jeder kleine Fortschritt zählt, und wenn nötig, kann der Weg einfach neu angepasst werden.
 Referenzen 
Referenzen:
  1. Trudie Mitschang. Goal-Setting for the Chronically Ill: Planning for an Uncertain Future. online verfügbar unter: https://www.igliving.com/magazine/articles/IGL_2016-10_AR_Goal-Setting-for-the-Chronically-Ill.pdf (Zuletzt aufgerufen März 2025).
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Eine Schwangerschaft mit Beta-Thalassämie ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch eine gute Vorbereitung und engmaschige medizinische Begleitung. Frauen mit dieser Bluterkrankung können besonderen Herausforderungen gegenüberstehen, da sowohl ihre eigene Gesundheit als auch die ihres Kindes während der Schwangerschaft gefährdet sein können. Deshalb ist es wichtig, eine Schwangerschaft frühzeitig zu planen und sich von erfahrenen Ärzt*innen aus der Hämatologie und Gynäkologie betreuen zu lassen. Mit einer sorgfältigen Überwachung vor, während und nach der Schwangerschaft können viele gesundheitliche Risiken reduziert und die bestmöglichen Voraussetzungen für eine sichere Schwangerschaft und Geburt geschaffen werden.1

Herausforderungen für Mutter und Kind während Schwangerschaft & Geburt

Viele Frauen mit einer Beta-Thalassämie haben Schwierigkeiten, schwanger zu werden, da ihr Eisprung unregelmäßig oder gar nicht stattfindet. In solchen Fällen kann eine Behandlung in einer endokrinologischen Praxis helfen. Dort kann eine Hormontherapie eingesetzt werden, um den Eisprung auszulösen und die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen.2 

Während der Schwangerschaft kann sich die Anämie (Blutarmut) der Mutter verschlimmern, da ihr Körper mehr Blut benötigt, um das Baby ausreichend zu versorgen. Dies kann zu starker Müdigkeit, Schwäche und Kreislaufproblemen führen. Zudem kann die erhöhte Belastung des Körpers das Herz überfordern, wodurch das Risiko für Herzprobleme steigt.

Auch für das Baby bestehen Risiken. Durch eine unzureichende Sauerstoffversorgung können Herzprobleme entstehen. Zudem besteht die Gefahr einer Frühgeburt – in diesem Fall kann das Baby mit einem niedrigem Geburtsgewicht zur Welt kommen, und einige Körperfunktionen sind möglicherweise noch nicht vollständig entwickelt.1

Kann die Beta-Thalassämie vererbt werden?

Falls beide Elternteile Träger der Beta-Thalassämie sind, kann die Erkrankung vererbt werden. Wie hoch das Risiko ist, hängt von der Art der Beta-Thalassämie ab, die die Eltern tragen. Eine genetische Beratung kann Auskunft darüber geben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Krankheit an das Kind weitergegeben wird.1 Bei einer bestehenden Schwangerschaft kann das ungeborene Kind durch eine Pränataldiagnostik auf das veränderte Hämoglobin-Gen untersucht werden. Dadurch kann festgestellt werden, ob das Baby Beta-Thalassämie hat.1,3

Planung der Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft mit Beta-Thalassämie major erfordert eine sorgfältige Planung und medizinische Betreuung.1 Aber auch eine Schwangerschaft mit den milderen Verlaufsformen der Beta-Thalassämie ist nicht ganz risikofrei. Schwangere mit einer Thalassaemia minor z. B. haben ein erhöhtes Risiko, eine Schwangerschaftsanämie zu entwickeln.4 

Vor der Schwangerschaft sollten Herzfunktion und Eisenbelastung überprüft werden. Eine Schwangerschaft ist erst ratsam, wenn die Eisenwerte des Körpers gut eingestellt sind, insbesondere die des Herzens. Dies kann z. B. durch eine Chelattherapie erreicht werden.5 

Schwangere mit Beta-Thalassämie sollten möglichst frühzeitig an eine Entbindungsklinik angebunden werden.2 Während der Schwangerschaft ist das Fortsetzen der Transfusionstherapie möglich, wobei der Transfusionsbedarf steigen kann.5 Eine Chelattherapie kann Risiken für das Baby bergen. Ob und wann diese angewendet werden sollte, entscheidet daher die behandelnde Ärztin oder der Arzt. Zusätzlich sind regelmäßige Herz- und Blutzuckerkontrollen wichtig, um Risiken wie Herzprobleme oder Diabetes frühzeitig zu erkennen.

In der Stillzeit kann die Chelattherapie fortgesetzt werden, da sie dem Baby nicht schadet.5

 Referenzen 
Referenzen:
  1. Hebamme Franziska Zedler. Thalassämie & Schwangerschaft: Infos & Planung. online verfügbar unter: https://heb-franziska-zedler.de/thalassamie-schwangerschaft/ (Zuletzt aufgerufen März 2025).
  2. Chiesi GmbH. Thalassämie. Der Ratgeber zu der genetisch bedingten Erkrankung mit Blutarmut - für Betroffene und Angehörige.
  3. Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie und Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Thalassämien S1-Leitlinie. AWMF Register Nr. 025/017. Version 6. Stand 02.2023.
  4. White JM et al. Thalassemia trait and pregnancy. J Clin Pathol. 1985; 38(7):810-7.
  5. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. Beta Thalassämie.
  6. Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). S2k‐Leitlinie Diagnostik und Therapie der sekundären Eisenüberladung bei Patienten mit angeborenen Anämien.
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